Haushaltsrede 2024

Leo Deumens

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!

Zunächst einmal möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei Ihnen, Frau Grehling, und Ihren Mitarbeitenden für die Erstellung des Haushaltsplans bedanken. Angesichts der politischen Entwicklungen der letzten Jahre ist diese Arbeit nicht gerade einfacher geworden.

Meine Damen und Herren! Die weltweiten Krisen und Herausforderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die Menschen auch in unserer Stadt. Auf Grund der drastisch gestiegenen Preise in vielen Bereichen wissen immer mehr Einwohner*innen nicht, wie sie ihre Lebensmittel sowie Strom und Gas bezahlen sollen. Unabhängig von den Krisen in der Welt steigen die Mieten seit Jahren enorm an, so dass sich Viele selbst das Wohnen nicht mehr leisten können.

Nun hören wir aus der Bundespolitik, dass wir Alle den Gürtel enger schnallen müssen, was ein Hohn gegenüber den sozial Benachteiligten und an Sarkasmus nicht mehr zu überbieten ist. Wir sitzen zwar alle im gleichen Boot, aber auch, um den Kabarettisten Volker Pispers zu zitieren, „auf verschiedenen Decks“. Wenn nun die Regierung angesichts der von ihr verursachten Haushaltskrise ausschließlich auf Einsparungen setzt, die in erster Linie Menschen mit wenig Geld treffen, und  Einnahmeerhöhungen, z. B. durch Steuererhöhungen für Superreiche, erst gar nicht in Erwägung zieht, ist das ein Skandal. Hierzu passt, wenn auch etwas überspitzt formuliert, ein Zitat von Oscar Wilde:“ Sparsamkeit armen Leuten zu empfehlen, das scheint mir ebenso lächerlich wie beleidigend. Es ist, als ob man einem Verhungernden riete, weniger zu essen“. Hinzu kommt, dass die Einsparmaßnahmen der Bundesregierung auch soziale Einrichtungen bei uns in Aachen treffen können. Hier wird man in nächster Zeit genau hinschauen und kommunalpolitisch gegensteuern müssen. Es bleibt wieder nur zu konstatieren, dass die unterfinanzierten Kommunen mit den zunehmenden Problemen allein gelassen werden.

In den vergangenen Monaten sind abertausende Bürger*innen auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie zu kämpfen. Das ist gut und wichtig. Aber es braucht auch eine Politik, die die Menschen für eine Demokratie begeistert, die die Nöte und Probleme der Menschen ernst nimmt. Hier ist vor allem eine Politik der sozialen Gerechtigkeit zu nennen.

Eine solche Politik findet aber auch in der Koalition von GRÜNEN und SPD in Aachen allenfalls bedingt statt. Sie betreibt eine Mobilitäts- und Klimapolitik, die die sozialen Fragen außer Acht lässt. Aber es sind gerade die Weichenstellungen und Maßnahmen im sozialen Bereich, die die Gesellschaft zusammenhalten.

Nun kann die Kommunalpolitik die zunehmende Armut und soziale Ungleichheit nicht beseitigen, aber sie kann deren Folgen abmildern und verringern, um allen Menschen eine gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Doch genau das leistet diese Koalition nicht.

Meine Damen und Herren! Wie sich die Energiekosten weiterentwickeln, wissen wir nicht. Aber Strom und Gas werden sehr teuer bleiben, und darum wird sich für immer mehr Einwohner*innen die Frage stellen: Wie soll ich das bezahlen? Damit Menschen nicht frierend im Dunkeln sitzen müssen, hat unsere Fraktion im Sozialausschuss einen Härtefallfonds zur Vermeidung von Energiesperren in Höhe von 200.000 Euro beantragt. Er wurde, übrigens schon zum wiederholten Mal, abgelehnt.

Immer mehr Bürger*innen beziehen Grundsicherung im Alter, weil die Rente nicht zum Leben reicht. Im November 2023 waren dies in Aachen 3.781 Personen, wobei anzumerken ist, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist. Nun steht aufgrund der Neuerungen beim Bürgergeld z. B. einem Rentnerehepaar 20.000 Euro Schonvermögen zu. Das müssen die Betroffenen aber auch wissen, damit sie nicht erst dann die Grundsicherung beantragen, wenn das Ersparte aufgebraucht ist. Aus diesem Grund wollte Die Linke 10.000 Euro! für eine entsprechende Öffentlichkeitskampagne in den Haushalt einstellen. Aber selbst hierzu war die Ratsmehrheit nicht bereit.

In Aachen eine Wohnung zu finden, die man auch bezahlen kann, wird immer schwieriger. Neben der Tatsache, dass in den kommenden Jahren viele öffentlich geförderte Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, plant das Landeskommunalministerium die Anhebung der Bewilligungsmieten, d. h. dass Anbieter für neu gebaute Sozialwohnungen eine deutlich höhere Miete verlangen dürfen. Was den Investoren die Taschen füllt, lässt Menschen mit wenig Geld verzweifeln.

Aber es muss auch gegen den spekulativen Leerstand von Wohnungen stärker vorgegangen werden. Hierzu muss die Wohnraumschutzsatzung noch konsequenter angewandt werden. Deshalb hat unsere Fraktion eine Stelle für die Kontrolle im Außendienst beantragt. Sie wurde von der Ratsmehrheit, wen wundert es, abgelehnt. Die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft wird von unserer Fraktion schon lange gefordert, und wir begrüßen es, dass sie nun auch von der Ratsmehrheit ins Auge gefasst wird. Eine solche Gründung mag komplex und kompliziert sein, aber eine städtische Wohnungsbaugesellschaft ist ein wichtiges Instrumentarium, in Zukunft preiswerten Wohnraum zu schaffen.

Neben den eingangs genannten Belastungen stellt auch die angestrebte Mobilitäts- und Klimaschutzwende eine enorme Herausforderung für die Bürger*innen in unserer Stadt dar. Wenn wir die Menschen für die diesbezüglichen Maßnahmen begeistern wollen, müssen wir sie mitnehmen. Ich möchte als Nutzer des ÖPNV jetzt gar nicht darüber sprechen, dass ich mit dem Bus natürlich auch gut von A nach B kommen muß, um das Auto stehen lassen zu können. Es geht der LINKEN vor allem darum, die Menschen sozial mitzunehmen. Mit anderen Worten: Man muß sich das Busfahren leisten können.

Nun hat unsere Fraktion Fahrpreiserhöhungen immer konsequent abgelehnt. In diesem Jahr wollten wir darüber hinaus 1.000.000 Euro in den Haushalt einstellen, um den Preis für das Deutschland Ticket Sozial deutlich abzusenken. Aber auch bei diesem Punkt erfuhren wir eine klare Ablehnung. Doch die LINKE wird bei diesem Thema nicht locker lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder und Jugendliche haben in der Corona-Pandemie besonders gelitten, und die Folgen sind weiterhin deutlich spürbar. Aus diesem Grund ist der Ausbau der Schulsozialarbeit besonders wichtig. Insgesamt werden neun weitere Stellen benötigt, um die festgestellten Bedarfe abzudecken. Bewilligt wurden von der Koalition jedoch nur zwei Stellen. Dies ist traurig für diejenigen Schüler*innen, die einer solchen Hilfe dringend bedürfen.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Anmerkung. Unsere Fraktion hat von Anfang an die Realisierung des Hauses der Neugier konsequent unterstützt. Darum freut es uns besonders, dass sich nun nach einigen Kehrtwenden auch die Ratsmehrheit für ein solches Haus der Bildung und des Austausches für die Menschen in unserer Stadt im ehemaligen Horten-Gebäude entschieden hat. Natürlich sind noch Fragen zu klären und Probleme zu lösen. Aber ich möchte Sie ermuntern, auf diesem Weg nicht den Mut zu verlieren.

Meine Damen und Herren! Angesichts der massiven Herausforderungen und Belastungen gerade für Bürger*innen mit wenig Geld können wir uns auf kommunaler Ebene nicht damit begnügen, soziale Leistungen nicht zu kürzen. Was wir dringend brauchen, sind Investitionen in den sozialen Zusammenhalt. Das jedoch spiegelt sich im vorliegenden Haushaltsplan nicht wider. Aus diesem Grund lehnt die Fraktion Die Linke ihn ab.